Anthropophagic Myths, Biopiracy and Opera in the Amazon

PEEK Forschungsprojekt bei Ars Electronica Linz 2024

Im Rahmen einer Kooperation zwischen der Universität für angewandte Kunst Wien und der Medizinischen Universität Wien im Rahmen von PEEK AR 687 (Projektleitung: ao Univ.Prof.Dr.Klaus Spiess, Emanuel Gollob) findet wieder eine Beteiligung am Ars Electronica Festival vom 4.-8. September 2024 in Linz statt.

Die Gruppe zeigt einen transparenten doppelwandigen Bioreaktor, in dem ein Tenor singt, dessen orale Mikrobiota mit Carusos Arie und technischen Klängen, beide aus Herzogs Fitzcarraldo beschallt wird. Mit Hilfe eines Phonographen sucht er die phonetische Konvergenz mit einem Mura-Sprecher aus dem Amazonasgebiet und erforscht das Zusammenspiel von Sprechlauten, Klang, Mikrobiota und kultureller Assimilation. Die Arbeit reflektiert über koloniale und postkoloniale Identitätsdynamiken.
Anthropophage Mythen, Biopiraterie und Oper am Amazonas

In Werner Herzogs Film nutzt der Biopirat Fitzcarraldo Carusos Interpretation von Massenets Traumarie, um indigene Völker zur Kautschukgewinnung zu locken - ein Prozess, der die anhaltende industrielle Ausbeutung des biodiversen indigenen Mikrobioms widerspiegelt.

Unsere Installation stützt sich auf vokale Anthropophagie als Teil der amazonischen Kosmologien, amazonische Phonetik, Mikrobiom-Wissenschaft, Deep Learning und linguistischen Postanthropozentrismus.  Verbunden wird dies mit der Original-Soundkulisse aus Herzogs Film und Klängen aus Mikrobiom-Sonifikationsstudien, die das Eindringen von Technologie in die Natur unterstreichen. In einem doppelwandigen Zylinder, in dem sein eigenes Speichel-Mikrobiom wächst, trägt der Tenor die Traumarie vor, wobei er einen speziell konstruierten Phonographen der umstrittenen Zeitung Diario do Amazonas benutzt. Der natürliche Bedarf seines Mikrobioms nach bestimmten stimmlichen Vibrationen unter denen sein Wachstum verstärkt ist, beginnt seine Stimme als die des Biopiraten, den er symbolisiert, zu verzehren*. Der Tenor mischt nun die veränderte Arie in einen tonalen Dialog mit einem der letzten amazonischen Murasprecher, deren gefährdete tonale Phoneme eng mit der Artenvielfalt ihres oralen Mikrobioms verknüpft sind, so dass ihre vokalen Experimente während des Festivals die Vielfalt eines widerstandsfähigen oralen Lebensraums als auch der Phonetik in Erscheinung bringen.

*In indigenen Kosmologien werden die Zustände des Anderen - des Opfers - verzehrt, um die Zeichen seiner Andersartigkeit zu assimilieren. In diesen Kosmologien werden Töten und Singen als ähnliche Praktiken interpretiert, um durch gesungene oder gesprochene Worte zum anderen zu werden, und der Begriff, der für den Anderen oder den Feind verwendet wird, ist „Zukunftsmusik". Der Sänger oder Sprecher versteht sich selbst als Subjekt in dem Moment, in dem er seine Einzigartigkeit erklärt, indem er sich selbst durch die Stimme des Anderen hört und die Koexistenz verschiedener Arten enthierarchisiert.

https://ars.electronica.art/hope/en/events/anthropophagic-myths-biopiracy-and-opera/
https://ars.electronica.art/hope/en/anthropophagic-myth-biopiracy-and-opera-in-the-amazon/
Aufbau Ars Electronica 2024, © Klaus Spiess
Aufbau Ars Electronica 2024

Termine

Ars Electronica Festival
04. September 2024 - 08. September 2024
Ars Electronica Linz, Ars-Electronica-Straße 1, 4040 Linz